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Wer eine Babywiege selbst bauen möchte, muss viele sicherheitstechnische Anfordungen beachten. Geregelt wird das in der DIN EN 1130:2020 „Kindermöbel – Krippen – Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“. Hier ist nach Definition eine Krippe ein „Möbel, das als Schlafplatz für Kleinkinder vorgesehen ist, bis diese in der Lage sind, eigenständig zu sitzen oder sich auf ihre Hände und Knie hochzuziehen oder hochzudrücken.“ Eine Babywiege ist folgendermaßen definiert: „bewegliche Krippe (z. B. schaukelnd, schwingend oder federnd), die jedoch nicht mittels Schnüren, Gurten oder ähnlichem aufgehängt ist“. Die Anforderungen der Norm gelten für Wiegen (Krippen) mit einer maximalen Innenlänge des Bettbodens von 900mm.
Haftungsausschluss: Die folgenden Erläuterungen sind im besten Wissen und Gewissen erstellt worden, erheben aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich übernehme keine Haftung für Sach- und Personenschäden, welche im Zusammenhang mit diesem Dokument entstehen.
Da ich nicht den kompletten Inhalt der Norm vorstellen werde, gehe ich auf die Punkte ein, welche das Design meiner Babywiege betreffen. Meine Konstruktion besteht aus einem festen und nicht höhenverstellbaren Rahmen (Seitenteile), in dem das Bett schaukeln (wiegen) kann. Das Bett widerrum besteht aus massiven Holzbauteilen, wobei an den langen Seiten jeweils Sichtfenster aus Polycarbonat enthalten sind. Andere Ausführungen, wie z.B. ein Bett mit Gitterstäben oder Netzen, sind ebenso in der Norm geregelt, werden aber in den folgenden Ausführungen nicht berücksichtigt.
1) Werkstoffe
Das verwendete Holz muss schadstofffrei und frei von Fäulnis und Insektenbefall sein. Die anderen verwendeten Werkstoffe und Materialien müssen der EN 71-3 (Sicherheit von Spielzeug) entsprechen. Dies ist vorallem bei vorgefertigtem Leimholz und Mehrschichtplatten u.U. ein Problem, da man nicht weiß, welcher Leim verwendet wurde und ob dieser nach Kinderspielzeugrichtlinie zugelassen ist. Ich empfehle daher, falls möglich, das Leimholz selbst zu erstellen oder sich ausgiebig zu informieren, ob das verwendete Holz frei von jeglichen Schadstoffen ist. Auch ist darauf zu achten, dass evtl. verwendete Farben und Lacke dementsprechend schadstofffrei sind. Da meine Wiege komplett aus unbehandeltem Massivholz besteht ist, verzichte ich auf Lacke und Farben. Alle Teile sind sehr fein geschliffen mit Körnung 320.
Die verwendeten Metalle, wie Schrauben usw., müssen vorzusgweise aus Edelstahl oder ausreichend gegen Korrosion geschützt sein. Bei meinem Bauplan bzw. meinen bisher gebauten Wiegen habe ich ausschließlich Edelstahlkomponenten im „geschützten Volumen“ der Wiege verwendet. Das geschützte Volumen ist der Bereich im Bettinneren sowie jeglicher Bereich der 50mm in jeder Richtung von der Oberkante des Bettrandes entfernt ist. Das geschützte Volumen wird auf die gesamte Wiege ausgedehnt, wenn ein Kind durch die Seitenteile des Bett hindurchgreifen kann (z.B. durch Gitter). In meinem Design kann ein Kind aber nicht durch die Seitenteile des Bettes hindurchgreifen, sodass ich außerhalb des geschützten Volumens verzinkte Schrauben verwende.
Für meine Sichtfenster in den langen Seitenteilen des Betts habe ich Polycarbonatplatten verwendet. Im Gegensatz zu Plexiglas ist Polycarbonat von Haus aus schlagfest und splittert nicht, wenn es kaputt geht. Zudem ist Polycarbonat physiologisch unbedenklich.
2) Mechanische Anforderungen
Die Wiege muss so konstruiert sein, dass sie stabil steht und auch während des Schaukelns mit einem Baby nicht umkippt. Hierfür ist eine möglichst breite Standfläche wichtig. Bei meinem Design beträgt der Abstand von Rolle zu Rolle in der Breite ca. 630mm. Die benötigte Breite für die Standfläche ist stark abhängig vom Schwerpunkt der Wiege. Durch moderne CAD- Software kann man sich den Schwerpunkt der Konstruktion anzeigen lassen und dadurch schon vorab beurteilen, ob die Standfläche ausreichend ist. Am Ende muss das aber in praktischen Versuchen nachgewiesen werden.
Der maximal mögliche Winkel für das Schaukeln (Wiegen) durch einen Erwachsenen beträgt bei mir 16 Grad. Das Seitengestell sowie der untere Querbalken dienen als mechanischer Anschlag. Hierdurch kann das Baby nicht herausfallen.
Wenn nun das Baby in der Wiege nahe des langen Seitenteils schläft, ohne dass das Bett geschaukelt wird, entsteht ein Hebelarm. Auf diese Weise wird das Bett in eine Schrägstellung versetzt, sofern es nicht arretiert ist. Für diese Situation (ohne Schauklen durch einen Erwachsenen) sieht die Norm einen maximal zulässigen Winkel von 10 Grad bei einer Belastung mit einem Prüfgewicht von 9kg vor. Dadurch soll verhindert werden, dass Babys wärend des Schlafens in Schräglage am Seitenteil verharren. In einer Berechnungssimulation konnte ich nachweisen, dass der Winkel mit dem Prüfgewicht von 9kg immer noch kleiner als 10 Grad ist.
Der Bettboden darf sich unter Last (mit dem Prüfgewicht 9kg) maximal 40mm durchbiegen. In der Norm sind verschiedene Tests zur mechanischen Belastbarkeit beschrieben, wie z.B. Schlagtests auf die Seitenteile. Das Holz sollte also auf keinen Fall zu dünn gewählt werden. Bei meinem Design betragen die Wandstärken für die Komponenten der Wiege 18mm und für die Seitenteile 40mm.
Grundsätzlich müssen alle frei zugänglichen Kanten, Ecken und vorstehenden Teile abgerundet und gratfrei sein. Ich verwende für die Kanten Radienfräser mit einen Radius von 2mm bis 4mm oder schleife jede Kante von Hand.
Falls man die Wiege demontierbar für den Transport machen möchte, dürfen hierfür keine selbstschneidenden Schrauben (Spax) verwendet werden. Ich benutze deswegen für alle zum Zerlegen notwendigen Verbindungen metrische Gewindeschrauben mit Quermuttern. Bei fest installierten Komponenten, welche für den Transport nicht demontiert werden müssen, dürfen selbstschneidende Schrauben verwendet werden.
Wenn Rollen oder Räder an der Wiege angebracht sind, müssen diese alle feststellbar sein.
Da das Bett schaukeln (wiegen) kann, muss dieses Schwingsystem blockierbar sein. Es sollte so wie bei meinem Design von Hand angetrieben werden. Ein angebtriebener Mechanismus (z.B. Motor) ist zwar nach der Norm nicht verboten, ich rate aber davon ab, weil die Umsetzung zu kompliziert ist. Die Blockierung des Schaukelns ist bei meiner Wiege über einen Bolzen aus Holz gelöst, der durch Hineindrücken den Wiegemechanismus blockiert und somit kein Schaukeln mehr ermöglicht.
In der Norm ist definiert: „Hängekrippen, Krippen und Wiegen sollten so ausgelegt und hergestellt sein, dass jegliches Fangen des Kopfes, der Finger, der Gliedmaßen, der Hände und Füße des Kindes in jeglicher Art von Öffnung verhindert wird.“
Durch Öffnungen, wie z.B. Bohrungen, können je nach Ausführung diese Fangstellen für Körperteile entstehen. In der Norm sind verschiedene Prüfschablonen definiert, mit denen alle Arten von Fangstellen auf Sicherheit beurteilt werden. Es wird auch unterschieden, ob die Fangstelle sich innerhalb des geschützten Volumens befindet. In meinem Design kann ein Kind, wie bereits erwähnt, nicht durch die Seitenteile des Bettes hindurchgreifen.
Innerhalb des geschützten Volumens dürfen Öffnungen, z.B. Bohrungen, welche größer als 7mm und kleiner als 12mm im Durchmesser sind, nicht tiefer als 10mm sein. Hierdurch wird gewährleistet, dass sich das Kind keinen Finger einklemmen kann.
Da ich in meinem Design den Bettboden mit Belüftungslöchern versehen habe, müssen diese Löcher kleiner als 25mm im Durchmesser sein. Ich habe in meiner Konstruktion Löcher mit einem Durchmesser von 20mm benutzt. Die Belüftungslöcher sind nach Norm nicht vorgeschrieben, aber ich empfehle sie, damit eine ausreichende Luftzirkulation vorhanden ist. Alle anderen vom Krippeninneren erreichbaren Zwischenräume und Öffnungen müssen eine Größe zwischen 12mm und 25mm oder zwischen 45mm und 65mm aufweisen. Generell empfehle ich das Design der Krippe so einfach wie möglich zu halten, um Fangstellen jeglicher Art zu vermeiden.
Neben den Fangstellen innerhalb gibt es diese auch außerhalb der Wiege. Sie sind bei meiner Konstruktion zwar vorhanden, aber nicht relevant. Nach Norm stellen diese keine Gefahr für ein Baby, welches im Bett liegt, dar, weil die Unterkante der Öffnung der Fangstellen weniger als 600mm vom Boden entfernt ist. Bei mir sind diese ca. 500mm entfernt, wie man im folgenden Bild sieht. Die Fangstellen sind aber für ein Baby, das sich auf dem Boden um die Wiege herum bewegt, erreichbar!
Verschluckbare Teile: Grundsätzlich gelten alle Teile als abnehmbar und somit verschluckbar, welche von einem Kind mit den Händen oder Zähnen gegriffen werden können und vollständig in einen sogenannten Kleinteiletester (nach EN 1130-2) passen. Es gelten somit z.B. kurze Schrauben als verschluckbar, wenn sie nicht bündig mit der Holzoberfläche abschließen und gegriffen werden können!
Nun kommen wir zu einem Punkt in der DIN EN 1130, welcher diskussionswürdig ist. Es geht um den Abstand zwischen festem Rahmen und dem Bett. Zitat aus der Norm: „Ein Mindestabstand von 25mm zwischen dem Rahmen und dem Körper schwingender Wiegen ist erforderlich, um Gefährdungen für die Finger Erwachsener durch Quetschen bei der Betätigung der Schwingbewegung zu beseitigen.“ Bei meiner Ausführung beträgt der Abstand minimal 2mm und maximal 4mm. Ermöglicht wird dies durch mein selbstentwickeltes Wiegescharnier.
Zur Erklärung: Um sich einen Finger nicht zu quetschen muss nach DIN EN 349 ein Spalt von mindestens 25mm vorhanden sein. Jedoch unterbindet das nicht das Quetschen einer Hand oder eines Arms. Hierfür müsste der Abstand viel größer sein und zwar mindestens 100mm (Hand) oder mindestens 120mm (Arm). Nach DIN EN ISO 13857 (Regelungen von Sicherheitsabständen in Gefärdungsbereichen) gilt eine Öffnung als sicher, welche kleiner als 4mm ist. Bei dieser Öffnung passt die Fingerspitze nicht hindurch. Nach meiner Interpretation müsste die DIN EN 1130 in dieser Hinsicht eindeutiger sein und die Möglichkeit einschließen, dass bei einem Spalt von 25mm das Verletzungsrisiko für Hand und Arm (vor allem bei Babys) wesentlich größer ist. Durch eigene Tests kann ich bestätigen, dass es bei meinem Abstand (2-4mm) nicht möglicht ist, sich den Finger zu quetschen.
Im Gegenzug könnten sich bei einem kleinen Spalt Gegenstände, wie z.B. ein Lätzchen, verhaken. Dieses zugegebenermaßen sehr unwarscheinliche Szenario habe ich abgewogen und mich entschieden, den Spalt so klein wie möglich zu halten. Grundsätzlich sollte die Wiege aber immer unter Aufsicht von Erwachsenen benutzt werden.
Die Innenhöhe der Seitenteile des Bettes muss mindestens 275mm ohne Matratze betragen und weiterhin „muss der Abstand zwischen der Oberseite der Matratze oder des Matratzenbodens und dem tiefsten Punkt der Oberkante der Seiten- und Endteile der Krippe unter Last mindestens 200mm betragen.“ Bei meiner Konstruktion habe ich eine Höhe von ca. 300mm gewählt, um auch größere Matratzendicken benutzen zu können. Es wären somit Matratzen bis zu einer Dicke von 10cm möglich.